Siegel der Stedinger
Die Stedinger und der Dom zu Bremen
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Zitat aus dem Buch »Der Dom zu Bremen« von Johann Christian Bosse und Hans Henry Lamotte, 1989 Karl Robert Langewiesche Nachfolger Hans Köster Verlagsbuchhandlung KG (Verlag Langewiesche), Königstein im Taunus, ISBN 3-7845-4230-1, Seite 18:

Mit dem frühen Tod des Stauferkaisers Heinrich VI. 1197, der noch einmal eine starke, unangefochtene Stellung in Europa erreicht hatte, brach, vom Papst geschürt, der Konflikt Welfen/Staufer wieder offen aus. Es kam zu einer doppelten Königswahl des Staufers Philipp und des Welfen Otto, und in der Folge zu bürgerkriegsähnlichen Entwicklungen im Reich. Entsprechend kam es auch immer wieder auf dem Erzstuhl in Bremen zu Doppelwahlen, zu endlosen, selbstzerstörerischen Auseinandersetzungen im Domkapitel und unter den regionalen Mächten. [...]

Die Schwäche des Erzbistums durch Uneinigkeite und Doppelwahlen setzte sich fort. Profitieren konnte davon die immer selbstbewußter werdende Bürgerschaft der Stadt Bremen, die sich schrittweise von dem Erzbischof als Landesherrn befreien konnte, aber auch andere weitgehend landesherr-unabhängige Gemeinschaften konnten sich bilden, wie z.B. links der Weser im Kolonialgebiet Stedingens.

In dieser unruhigen und instabilen Zeit war das Erscheinen von Kaiser Friedrich II. (1215-1250), dem »Kind von Apulien«, wie eine Erlösung gewesen. Er hatte bei seinem ersten Erscheinen in Deutschland die Herzen aller bezaubert. Das Reich hatte sich noch einmal konsolidiert und mit ihm auch das Erzbistum Bremen. Ein letzter bedeutender Kirchenfürst, Gerhard II. zur Lippe (1219-1258), übernahm das Regiment und sammelte die alten Rechte, die in den Zeiten der Unordnung in Vergessenheit geraten waren. Nur die zugesicherten oder angemaßten Freiheiten der seit über 100 Jahren an der Niederweser siedelnden Stedinger ließen sich nicht ohne weiteres aufheben. Diese hatten sich mangels einer dort bestehenden Adelsherrschaft zu einer Art Bauernrepublik entwickelt, die sogar von Kaiser und Papst nicht als Verbündete verschmäht worden war. Durch militärische Erfolge waren sie selbstbewußt genug geworden, dem Erzbischof, der ja ihr Landesherr und Bischof war, zu trotzen.

Es kam zu einer Strafaktion unter der Führung des Bruders des Erzbischofs, Hermann zur Lippe, der 1229 eine schwere Niederlage erlitt und sein Leben lassen mußte. 1230 wurde eigens eine Synode der bremischen Kirchenprovinz einberufen um die Stedinger wegen verschiedener schwerer kirchlicher Vergehen verurteilt. Die Unterwerfung der unnachgiebigen Stedinger wurde einem zu diesem Zweck von Papst Gregor IX. ausgerufenen Kreuzzug überlassen. In diesem Jahrhundert gab es ja nicht nur die »externe« Kreuzzugsbewegung ins Heilige Land, sondern auch die teilweise äußerst harten »internen« Maßnahmen gegen abweichende religiöse Gruppen, wie die Katharer und die Albigenser. Die Vorbereitungen des Kreuzzuges wurden neben dem Erzbischof im wesentlichen von der Stadt Bremen und dem Grafen von Oldenburg getragen. Das überlegene Ritterheer drang 1234 nach Stedingen ein und schlug das Bauernheer. Wer nicht fiel, wurde gerichtet, vertrieben oder verlor seine Freiheit.

Der große Gewinner aus diesem furchtbaren Geschehen war, neben dem Grafen von Oldenburg und der Stadt Bremen, das Erzbistum. Die politische und wirtschaftliche Stärkung aus der Niederwerfung der Stedinger und ein einträglicher Ablaßhandel erlaubten Gerhard II. die noch heute vorhandene Einwölbung des bis dahin flach gedeckten romanischen Bremer Doms. Diese vollendete Arbeit, einer der schönsten Bauten des Übergangsstils zwischen Romantik und Gotik, mag uns ins Gedächtnis rufen, wie dicht verwoben auch das schönste Werk mit Schuld sein kann.


Die Stedinger (stedinger@stedinger.de)