Mit dem frühen Tod des Stauferkaisers Heinrich VI. 1197,
der noch einmal eine starke, unangefochtene Stellung in
Europa erreicht hatte, brach, vom Papst geschürt, der
Konflikt Welfen/Staufer wieder offen aus.
Es kam zu einer doppelten Königswahl des Staufers Philipp und
des Welfen Otto, und in der Folge zu bürgerkriegsähnlichen
Entwicklungen im Reich.
Entsprechend kam es auch immer wieder auf dem Erzstuhl in
Bremen zu Doppelwahlen, zu endlosen, selbstzerstörerischen
Auseinandersetzungen im Domkapitel und unter den regionalen
Mächten.
[...]
Die Schwäche des Erzbistums durch Uneinigkeite und Doppelwahlen
setzte sich fort. Profitieren konnte davon die immer selbstbewußter
werdende Bürgerschaft der Stadt Bremen, die sich schrittweise
von dem Erzbischof als Landesherrn befreien konnte, aber auch andere
weitgehend landesherr-unabhängige Gemeinschaften konnten sich
bilden, wie z.B. links der Weser im Kolonialgebiet Stedingens.
In dieser unruhigen und instabilen Zeit war das Erscheinen
von Kaiser Friedrich II. (1215-1250), dem »Kind von Apulien«,
wie eine Erlösung gewesen.
Er hatte bei seinem ersten Erscheinen in Deutschland die Herzen
aller bezaubert.
Das Reich hatte sich noch einmal konsolidiert und mit ihm
auch das Erzbistum Bremen.
Ein letzter bedeutender Kirchenfürst, Gerhard II. zur Lippe
(1219-1258), übernahm das Regiment und sammelte die alten Rechte,
die in den Zeiten der Unordnung in Vergessenheit geraten waren.
Nur die zugesicherten oder angemaßten Freiheiten der seit über
100 Jahren an der Niederweser siedelnden Stedinger ließen sich
nicht ohne weiteres aufheben.
Diese hatten sich mangels einer dort bestehenden Adelsherrschaft
zu einer Art Bauernrepublik entwickelt, die sogar von Kaiser
und Papst nicht als Verbündete verschmäht worden war.
Durch militärische Erfolge waren sie selbstbewußt genug geworden,
dem Erzbischof, der ja ihr Landesherr und Bischof war, zu trotzen.
Es kam zu einer Strafaktion unter der Führung des Bruders des
Erzbischofs, Hermann zur Lippe, der 1229 eine schwere Niederlage
erlitt und sein Leben lassen mußte.
1230 wurde eigens eine Synode der bremischen Kirchenprovinz
einberufen um die Stedinger wegen verschiedener schwerer
kirchlicher Vergehen verurteilt.
Die Unterwerfung der unnachgiebigen Stedinger wurde einem zu
diesem Zweck von Papst Gregor IX. ausgerufenen Kreuzzug
überlassen.
In diesem Jahrhundert gab es ja nicht nur die »externe«
Kreuzzugsbewegung ins Heilige Land, sondern auch die teilweise
äußerst harten »internen« Maßnahmen gegen abweichende religiöse
Gruppen, wie die Katharer und die Albigenser.
Die Vorbereitungen des Kreuzzuges wurden neben dem Erzbischof
im wesentlichen von der Stadt Bremen und dem Grafen von
Oldenburg getragen.
Das überlegene Ritterheer drang 1234 nach Stedingen ein und
schlug das Bauernheer.
Wer nicht fiel, wurde gerichtet, vertrieben oder verlor seine
Freiheit.
Der große Gewinner aus diesem furchtbaren Geschehen war, neben
dem Grafen von Oldenburg und der Stadt Bremen, das Erzbistum.
Die politische und wirtschaftliche Stärkung aus der
Niederwerfung der Stedinger und ein einträglicher Ablaßhandel
erlaubten Gerhard II. die noch heute vorhandene Einwölbung des
bis dahin flach gedeckten romanischen Bremer Doms.
Diese vollendete Arbeit, einer der schönsten Bauten des
Übergangsstils zwischen Romantik und Gotik, mag uns ins
Gedächtnis rufen, wie dicht verwoben auch das schönste Werk
mit Schuld sein kann.